Der Pleuellagerwechsel


Pleuellager sollten bei BMW-Motoren grundsätzlich zwischen 150.000 und 200.000 km gewechselt werden.

Warum?
BMW-Motoren besitzen im Vergleich zu Motoren anderer Hersteller recht dünne Hubzapfen an der Kurbelwelle. Dies kommt eindeutig der Drehfreudigkeit unserer BMW-Motoren zugute, allerdings wird die ganze Belastung (durch die Explosion des Gemischs im Brennraum bei einer Zündung) an eine wesentlich kleinere Fläche abgegeben, was nach den physikalischen Gesetzen mehr Verschleiss bedeutet.

Wie entsteht ein Pleuellagerschaden?
Die Pleuellager der BMW-Motren sind Gleitlager und bestehen aus mehreren Schichten. Die ersten Schichten sind relativ weich, die nächsten jedoch relativ hart (Notlaufschicht). Warum? Die Hubzapfen der Kurbelwelle sind gehärtet und es wäre nicht gerade vorteilhaft, wenn das Pleuellager genauso hart wäre, es würde den Anforderungen die daran gestellt werden nicht gerecht werden: bei hoher Drehzahl, voller Belastung und kurzzeitigem Abreissen des Ölschmierfilmeswürde es die Lauffläche der Hubzapfen schädigen, sie würden "einlaufen", da sie mechanischen Kontakt haben und aufeinander reiben. Nun passiert aber genau das, wenn sich das Pleuellager schon in der Notlaufschicht befindet, je nach Motor, Fahrweise und Öl zwischen 150.000 und 300.000 km. Bei Motoren mit Automatikgetriebe oder relativ grossem Hubraum liegt diese Grenze durch das niedrige Drehzahlniveau entsprechend hoch. Die Pleuellager werden am meisten ab einer Drehzahl von über 4.500 u/min belastet. Durch die mit der Zeit dann unebenen Flächen am Pleuellager reisst der Schmierfilm immer öfter ab, dadurch erhitzen sich Hubzapfen, Pleuellager und Plauel so stark, dass sie miteinander verschweissen. Die Folge: das Pleuel reisst ab und schlägt ein faustgrosses Loch in den Motorblock. Danach sind zumindest Kurbelwelle, Pleuel, Kolben und nicht zuletzt der Block ein Fall für den freundlichen Altmetallverwerter. Da das vorzugsweise bei hohen Drehzahlen passiert und der Kolben des abgerissenen Pleuels oben noch ein paar Ventile mit in den Motortod reisst (welches dann auch den Zylinderkopf zu einem Klumpen Altmetall werden lässt), sowie austretendes Öl nicht zu selten über den heissen Krümmer fliesst und Feuer fängt, sei nur am Rande erwähnt. Kurzum ein Pleuellagerschaden bedeutet in jedem Fall: kapitaler Motor-Totalschaden.

Wie erkenne ich einen Pleuellagerschaden?
Das ist das fatale daran: sobald man es im Kurbelgehäuse rumpeln hört, ist es schon zu spät. Die Kurbelwelle hat dann zu 99% schon Riefen und muss ausgebaut und geschliffen werden. Dazu muss das Getriebe ab, am besten der ganze Motor raus, Motor wieder rein, neue Pleuellager... Kurzum, ein gebrauchter Motor ist billiger. Was bleibt, ist die Pleuellager bei einer gewissen Laufleistung vorsorglich zu tauschen. Ein kompletter Satz Pleuellager kostet z.B. für den M50 ca. 70 EUR. Dass das preislich in keinem Verhältnis zu einem kapitalen Motorschaden steht, dürfte klar sein.

Meine BMW-Werkstatt sagt, dass der Wechsel Schwachsinn wäre und dass sie noch nie einen Pleuellagerschaden gesehen haben
Heutige Automotoren werden für eine Laufleistung von etwa 150.000 km ausgelegt, daher wird es nie so weit kommen, dass ein Pleuellagerwechsel fest vorgesehen sein wird - genauso wie es sich mit dem Wechsel einer Steuerkette verhält. Die hält auch gut und gerne ihre 300.000 km, wenn sie dann reissen sollte, hat der Motor ja schon das Doppelte seiner Soll-Laufleistung gelaufen. Warum haben die meisten Werkstätten noch nie etwas von Pleuellagerschäden gehört? Niemand wird seinen 13 Jahre alten E34 mit 250.000 km beim Anblick des Lochs im Block bei BMW auf den Hof stellen und einen neuen AT-Motor einbauen lassen, das würde den Wert des BMW's um ein vielfaches übersteigen, mit Lohn dürfte da im günstigsten Fall unter 7.000 EUR nicht viel zu machen sein. Auch hier im Forum von e34.de liest man regelmässig, wie schwachsinnig es einige User finden, wenn man eben diese Pleuellager wechselt. Schliesslich ist der Schwager eines Nachbarn von einem Freund schon 300.000 km ohne Pleuellagerwechsel mit seinem E34 gefahren. Auf je einen von diesen Schwagernachbarsfreunden kommen allerdings locker fünf Pleuellagerschäden (oder zumindest kurz vor dem Schaden, wenn Bilder der gewechselten Lager gezeigt werden) von denen nicht nur im Forum berichtet wurde.

Wie werden die Pleuellager gewechselt?
Das ist eigentlich recht einfach, und kann - je nach Motor - auch von einem Hobbybastler selber durchgeführt werden, wenn er nicht gerade zwei linke Hände hat: Die Ölwanne muss abgenommen werden, dazu ist es nötig, dass man den Motor mit einem Flaschenzug, Motorkran etc. etwas anhebt, da man sie sonst nicht zwischen Achse und Block rausnehmen kann. Je nach Motor muss evtl. die Achse etwas runtergelassen werden. Das war schon der grösste Teil der Arbeit. Die Unterteile der Pleuel werden mit 2 Schrauben abgeschraubt, und das Pleuel mit Kolben etwas nach oben geschoben. Nun können beide Lagerhälften des Pleuels entnommen und ersetzt werden. Das ganze bei einem 6-Zylinder eben sechs Mal, dann Ölwanne wieder drauf, fertig. Aber dazu wird es demnächst hier in der Schrauberecke von e34.de noch eine detaillierte, bebilderte Anleitung geben. Ein geübter Schrauber dürfte die ganze Aktion an einem 525i M50 in etwa zwei Stunden geschafft haben.


Schlusswort:
Es wird nach der Veröffentlichung dieses Textes wieder einige Leute geben, die nur den Kopf schütteln. Nur ist mir das ziemlich egal, ich habe weder Aktien von irgendwelchen Gleitlagerherstellern noch bekommen ich sonstwie irgendwelche Geld dafür dass ich zum Pleuellagerwechsel rate. Ich habe schon viele Pleuellagerschäden gesehen, und eine investition von vielleicht 100 EUR stellt eine Massnahme dar, die bei gute Pflege jeden Motor jenseits der 300.000 oder 400.000 km-Grenze heben können, zum Teil noch deutlich darüber. Logischweise hält ein Motor nicht ewig, da spielen noch viele Komponenten wie Ventilschaftdichtungen, gelängte Steuerketten, Kopfrisse etc. mit, aber warum wegen 100 EUR so einen Aufstand machen, wenn damit die grösste Motorschadenursache vermieden werden kann? Diese Seite beschäftigt sich ausschliesslich mit dem E34 und das Ziel ist es, dass der E34 noch lange zu unserem Strassenbild gehört.


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